Visum abgelehnt wegen Gefahr für öffentliche Sicherheit

[L. Jasminovič]

Meine russischen Schwiegereltern hatten im Juli in der kroatischen Botschaft in Moskau Visa zwecks Familienbesuch in Kroatien beantragt. Die Mutter hat das Visum für 3 Monate erhalten, dem Vater wurde das Visum 2 Wochen später (nach Ablauf der 45-tägigen Bearbeitungsfrist) abgelehnt weil er laut Ablehnungsbescheid Gefahr für öffentliche Ordnung und Sicherheit Frankreichs, Deutschlands und Kroatiens darstellt. In dem Bescheid wird auf die Auswärtigen Ämter Frankreichs und Kroatiens und auf das Bundesverwaltungsamt zwecks weiterer Auskunft hingewiesen.

Ich stelle mir dazu folgende Fragen (und werde ihnen auch über offizielle Wege nachgehen:

1. Muss es in den jeweiligen Länderdatebanken einen Eintrag auf den konkreten Namen bzw. auf die Person des Antragstellers geben um als Gefahr für öffentliche Ordnung eingestuft zu werden ODER reicht eine Pauschalentscheidung eins der Länder wie etwa dass alle männlichen russischen Staatsbürger im bestimmten Alter immer als Gefahr gelten?
2. Wenn eine Pauschalentscheidung reicht, muss diese rechtlich verankert sein, z.B. in einer Verordnung, oder reicht dafür eine reine Stellungnahme, Meinung oder Schätzung z.B. des Innenministeriums?
3. Muss das Land in dem das Visum beantragt wird per Definition den Antragsteller ebenso als Gefahr einstufen, solange es diese Rückmeldung aus einem anderen Mitglied erhält, auch wenn es selbst nicht so entschieden hätte?

Mein Schwiegervater war zuletzt
* in Deutschland 2018 in Berlin lediglich zum Umsteigen auf der Zugreise von Moskau nach Amsterdam (und davor in den 90er Jahren)
* in Frankreich in Januar 2019 zwei Tage geschäftlich mit Flugzeug
* in Kroatien noch nie

Auf beiden Reisen in Deutschland und Frankreich hat er keinerlei Probleme oder etwaige Ordnungswidrigkeiten gehabt. Er hat im Januar 2020 ein 2-jähriges finnisches Visum erhalten (das war sein letztes Schengenvisum).

Soweit Pauschalentscheidungen ausgeschlossen werden können und die Ablehnung immer auf den persönlichen Sachstand zurückzuführen ist, halten wir die Entscheidung für fehlerhaft und können uns nur eine Identitätsverwechslung vorstellen.

[L. Jasminovič]

Ich habe gerade mit der Visastelle des kroatischen Aussenministeriums telefoniert:

Muss das Land in dem das Visum beantragt wird per Definition den Antragsteller ebenso als Gefahr einstufen, solange es diese Rückmeldung aus einem anderen Mitglied erhält, auch wenn es selbst nicht so entschieden hätte?

Die Entscheidungen der jeweiligen Länder sind individuell bzw. unabhängig voneinander.

1. Muss es in den jeweiligen Länderdatebanken einen Eintrag auf den konkreten Namen bzw. auf die Person des Antragstellers geben um als Gefahr für öffentliche Ordnung eingestuft zu werden ODER reicht eine Pauschalentscheidung eins der Länder wie etwa dass alle männlichen russischen Staatsbürger im bestimmten Alter immer als Gefahr gelten?

Die Entscheidung wird individuell bzw. bezogen auf die Person des Antragstellers getroffen. Im Fall von Pauschalentscheidungen wäre die Möglichkeit einen Antrag zu stellen für die betroffene Personengruppe eingestellt (so machen es wohl Finnland und die Balten).

Wir werden dann als nächstes die genaue Auskunft der jeweiligen Behörden anfragen.

[Josef Silberkant]

Warum muss es denn ganz genau Kroatien sein? Es gibt im Schengenraum immer noch Länder, die russischen Staatsangehörigen längere Multivisa auch ohne Einladung durch einen EU-Bürger genehmigen, z.B. FR, ES und IT. Tut doch ein Touristenvisum von einem dieser Länder beantragen, dann erspart ihr euch die Auseinandersetzung mit kroatischen Behörden.
Hier noch mal die Infos zum aktuellen Stand der Visavergabe im Schengenraum. https://t.me/c/1296129617/4285

[L. Jasminovič]

Wir haben in Kroatien Familie (von meiner Seite) und hätten einen Teil des Besuchs dort verbracht. Ausserdem wären die Schwiegereltern über Kroatien in den Schengenraum eingereist (auf dem Landweg aus Serbien, wo sie direkt hineingeflogen wären).

Ich denke nicht dass es für den Vater jetzt Sinn macht unmittellbar nach der Ablehnung gleich woanders das Visum zu beantragen, denn er müsste dann genauso wegen Widerspruch aus Frankreich und Deutschland abgelehnt werden.

Vom BVA habe ich die entsprechenden Auskunftsformulare gefunden. Es wird die Beglaubigung der Unterschrift in der deutschen Botschaft erforderlich sein. Ich hoffe dafür wird er nicht monatelang auf einen Termin warten müssen, denn danach haben wir noch die Herausforderung der Zustellung des Antrags von RU nach DE.

[L. Jasminovič]

Mein Schwiegervater hat heute bei der kroatischen Botschaft Einspruch gegen die Ablehnung eingereicht. Letzte Woche hatte er zunächst formlos per E-mail beim Aussenministerium um Einsicht in seine persönlichen Daten gebeten, wurde aber auf die Einspruchsmöglichkeit verwiesen. Ich hatte gestern dann zufällig auf deren Webseite doch ein Formular für Einsicht in die persönlichen Daten entdeckt, ganz versteckt von den üblichen Visainformationen, und dann in den Gesetzestexten auch das entsprechende Recht darauf gefunden. Er hat es zum Einspruch beigelegt.

In der Botschaft hat er wie ich höre ziemlich für Furore gesorgt: er ist wohl der erste Antragsteller der dort einen Einspruch eingereicht hat. Der Antrag auf Dateneinsicht hat die Mitarbeiter dann völlig überwältigt: sie hatten so einen Antrag noch nie gesehen und er musste sie selbst belehren worum es darin geht. Es hat zwei Stunden gedauert bis sie ihm den Empfang von zwei DIN A4 Dokumenten nach Vorschrift quittiert hatten!

Es wird die Beglaubigung der Unterschrift in der deutschen Botschaft erforderlich sein. Ich hoffe dafür wird er nicht monatelang auf einen Termin warten müssen

Wie ich befürchtet hatte gab es einen Termin erst am 9.10., also fast ein Monat Wartezeit. Er hat auch versucht aufs gut Glück hinzugehen, hat aber bisher (noch) nicht geklappt.

Für Frankreich sind wir noch am Recherchieren, da findet man die Infos nicht so einfach.

[L. Jasminovič]

Wir haben heute die Antwort vom Bundesverwaltungsamt erhalten: es gibt gar keinen Eintrag über meinen Schwiegervater in der Visa-Warndatei! Aber auf welcher anderen Grundlage erfolgte dann der Widerspruch zur Ausstellung des Visums? Langsam habe ich die Vermutung dass es Kroaten schlicht erfunden haben. Von denen gibt es immer noch keine Antwort auf den Einspruch obwohl die gesetzliche Frist schon um einen Monat verstrichen ist.