ascombie hat geschrieben: ↑17 Aug 2022, 01:53
Während der 2 + 4- Verhandlungen im Jahr 1990 über die deutsche Wiedervereinigung sicherte man der damaligen Sowjetunion mündlich zu (z.B. durch Genscher), dass eine Ausdehnung der NATO nach Osten hin über die ehemalige DDR nicht in Frage käme. Schriftlich wurde dieses Versprechen jedoch nie festgehalten, da dieser Sachverhalt eigentlich allen völlig klar war. Niemand rechnete damit, dass die Sowjetunion und der Warschauer Pakt bereits 1991 Geschichte sein würden.
Er herrschte eine euphorische Stimmung über das vermeintliche Ende des Kalten Krieges. Man sah eine Zeit des Friedens und der friedlichen Zusammenarbeit mit der UdSSR auf sich zukommen. Es gab sogar Gedanken, die Sowjetunion und später die RF in die NATO aufzunehmen.......
Schon wenige Jahre später hatte sich die Weltlage geändert. Die baltischen Staaten, Polen und andere ostmitteleurop. Staaten drängten in die EU und zur NATO. Angst vor dem großen Bruder im Osten schien sich wieder breitzumachen. Die USA hatten auch kein Interesse mehr, sich an das nur mündlich gegebene Versprechen einer Nicht-Ostausdehnung der NATO zu halten.
Ob eine schriftliche Zusage an die Sowjetunion, das spätere Vorrücken der NATO nach Osteuropa verhindert hätte, glaube ich eher nicht.
Die USA hatten einfach andere geostrategische Pläne. Und mit den Einhalten von Verträgen habens' die nie so genau genommen.....
So nahm die Geschichte ihren unheilvollen Lauf.
Die Vorgeschichte sehe ich fast genauso, auch wenn ich glaube, daß die Länder (Völker) weniger drängten als gedrängt wurden, von ihrer Obrigkeit und diese wiederum von außen, also auch der NATO. Angeblich will ja alle Welt in die EU, aber wenn dann mal wirklich abgestimmt und nicht nur BEstimmt wird, wird es trotz allem Umwerben knapp, wie das Beispiel Irland 2008 zeigt. Ebenso wenn über den Euro abgestimmt wird.
ascombie hat geschrieben: ↑17 Aug 2022, 01:53
Ich weiß, dass du das anders sieht, aber Russland hätte sich m.E. eher in Demut üben müssen. Sich als Mittelmacht mit der einzig verbliebenen Supermacht anzulegen war sicherlich ein Fehler.
Auch Demut hilft nicht gegen die Geostrategen. Rußland war in den 90ern bereits gedemütigt und hat teilweise seine Rohstoffe ins Ausland verschenkt. Es "stand" aber noch und wurde angesichts seiner Militärmacht sehr richtig weiterhin als Hauptgegner betrachtet. So wurde weiterhin versucht, es vollends zu Boden zu drücken. Eben mit NATO-Erweiterung, Anschlägen, Tschetschenien etc.
Zur Wiedererhebung gab es keine Alternative und es ist ein Wunder, daß sie gelungen ist. Irgendwie hat Putin den Spagat geschafft, die Oligarchen zu zügeln, aber die Investoren nicht vollends abzuschrecken. Die Gefahr von Rußlands Erstarkung wurde von den Geostrategen schnell erkannt, sie ließen etwa Schröder schon als "Putins Pudel" diffamieren, als sich mancher noch fragte: "Wer ist denn Putin?" Heute ist doch eigentlich ziemlich klar zu erkennen, daß dieser Weg kein Fehler war. Rußland ist "wieder wer" und hungern muß auch kaum einer mehr dort.
Wahrscheinlich beurteilen wir den Kriegsverlauf völlig unterschiedlich. Auch wenn das jetzt vielleicht nach Durchhalteparolen klingt, glaube ich daß die Operation weiterhin weitgehend nach Plan läuft. Es sah zwar anfangs wie ein Blitzkrieg aus, aber der diente hauptsächlich der Erringung der schnellen Luft- und Seeherrschaft. Eine Eroberung Kiews stand offenbar nicht auf dem Zettel, dafür wurde nicht genügend Personal mobilisiert. Natürlich HOFFTE man im besten Szenario dort auf einen Umsturz, eine neue Regierung und ein schnelles Ende; das heißt aber nicht daß man alles auf diese eine Karte gesetzt hat. Nunmehr geht der Vormarsch im Donbass, sein Wiederaufbau und Eingliederung in die russische Welt langsam, aber stetig und gefahrlos voran, vielleicht effektiver als es eine schnelle Eroberung vermochte. Die wenigen westlichen Waffen, die nicht von korrupten Offizieren weitervertickt werden UND die es durch den russischen Schredder an die Front schaffen, vermögen zwar Nadelstiche zu versetzen, aber das Blatt nicht zu wenden. Rußland hat keine Eile - vielmehr tickt die Sanktionsuhr für den Westen. Allen voran Deutschland, das fast schon auf Planwirtschaft umgestellt hat - der alte Traum der Grünen Khmer.
Wie verzweifelt der Westen ist, sieht man daran, daß nunmehr das Atomkraftwerk Energodar tatsächlich beschossen wird. So etwas macht nur, wer die Fallout-Gebiete samt ihrem Ackerland und den schönen Investitionen von Blackrock, Monsanto & Co. abgeschrieben hat, sie für den Gegner unbrauchbar machen will und überhaupt Niederlage und Niedergang durch totales Chaos verdecken will.
So zumindest mein Bild der Lage. Ob es stimmt, wird die nahe Zukunft zeigen.