Teilrückzug aus der Region Cherson

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ascombie
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Teilrückzug aus der Region Cherson

Beitrag von ascombie »

Verteidigungsminister Schoigu hat einen teilweisen Rückzug seiner Truppen aus der Region Cherson angeordnet.
Dies betrifft auch die Gebietshauptstadt Cherson.

Quelle z.B. https://www.welt.de/politik/ausland/art ... on-an.html
sowie andere Medien.
paramecium
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Re: Teilrückzug aus der Region Cherson

Beitrag von paramecium »

Und wenige Stunden vorher stirbt "unglücklicherweise" mit Kirill Stremousow auch noch eine der Führungspersönlichkeiten im Militärdistrikt Cherson bei einem Autounfall (diesmal war also kein offenes Fenster involviert). Ich frag mich da bei der Häufung von solchen Ereignissen schon, wer freiwillig noch Führungspositionen in Russland bekleiden möchte.

Naja, als nächstes wird die Ukraine mit den frei gewordenen Ressourcen wohl die Landbrücke Mariupol - Krim angehen.
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Axel Henrich
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Re: Teilrückzug aus der Region Cherson

Beitrag von Axel Henrich »

paramecium hat geschrieben: 09 Nov 2022, 22:04 Naja, als nächstes wird die Ukraine mit den frei gewordenen Ressourcen wohl die Landbrücke Mariupol - Krim angehen.
Ich denke mal, zumindest munkelt man ja schon seit ner Woche über diesen Deal, dass die Aufgabe Chersons, die Landverbindung zur Krim sichert ... gab es diesen Deal mit den Amis, als ersten Schritt zu Verhandlungen, hält sich UA daran ... Fragen, über Fragen ...

-ah-
kamensky
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Re: Teilrückzug aus der Region Cherson

Beitrag von kamensky »

Ich sehe dem angekuendigten "Teilrueckzug" sehr verhalten entgegen, koennte es sich doch auch um eine " Trickserei" handeln. "Haeuserkaempfe" werden wohl "Artilleriekaempfe" teilweise abloesen und diese sind ebenso brutal und todbringend. Meine Meinung ist, dass letzten Endes beide Parteien nicht ihre gesteckten bzw. gewuenschten Ziele erreichen werden und sich der Konflikt ueber Jahre hinziehen koennte, ganz zum Leidwesen der "unschuldigen Zivilbevoelkerung " auf beiden (ukrainischen und russischen) Parteiseiten.
ATTN @all: Ich bin weder der Verfasser noch ein Redaktionsmitarbeiter von der/den vorstehenden Verlinkung/en.
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Norbert
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Re: Teilrückzug aus der Region Cherson

Beitrag von Norbert »

Ich frage mich, was in solchen Momenten im inneren Machtzirkel Russlands vor sich geht. An sich ist der alte Herr doch inzwischen von allen Seiten angreifbar und es braucht nur noch einen Funken, und jemand greift nach der Macht.

Das Land hat sich selbst militärisch völlig destabilisiert - die Waffenbestände wurden massiv ausgedünnt, adäquater Nachschub ist aufgrund der Sanktionen aktuell kaum zu produzieren, man hat eine große Menge fähiges Personal verloren. Die militärischen Pläne müssen Monat für Monat zurückgeschraubt werden. Inzwischen liegt sogar die Krim mit in der Waagschale - die letzten Jahre unvorstellbar. Wirtschaftlich steht man aktuell noch halbwegs stabil, aber der Braindrain ob ins Ausland oder an die Front, wird sich auch hier bemerkbar machen.

Was hat es wem gebracht, hier im Februar den großen Max zu machen?
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Re: Teilrückzug aus der Region Cherson

Beitrag von kamensky »

Norbert hat geschrieben: 10 Nov 2022, 10:18
Inzwischen liegt sogar die Krim mit in der Waagschale -
Eine sehr interessante Andeutung. Ich habe bzw. mache mir immer oefters Gedanken, ob ein Szenario a la "Zypern" (aufgeteilte Insel) eine denkbare Loesung sein koennte, um die Wuensche beider Parteien zu beruecksichtigen.
Die Idee vorerst einfach einmal abgesehen von den vorhandenen Infrastrukturen, welche seit 2014 durch RU vorgenommen wurden.
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Re: Teilrückzug aus der Region Cherson

Beitrag von paramecium »

Axel Henrich hat geschrieben: 09 Nov 2022, 23:32 Ich denke mal, zumindest munkelt man ja schon seit ner Woche über diesen Deal, dass die Aufgabe Chersons, die Landverbindung zur Krim sichert ... gab es diesen Deal mit den Amis, als ersten Schritt zu Verhandlungen, hält sich UA daran ... Fragen, über Fragen ...
Aus geografischen Gründen war die militärische Lage am westlichen Dnjepr-Ufer schon seit längerem aussischtslos. Eine Versorgung konnte in den letzten Wochen nur noch spärlich über Pontonbrücken sichergestellt werden, die regelmäßig angegriffen wurden. Russische Einheiten waren ständig ukrainischer Artillerie und HIMARS ausgesetzt ohne dem - mit Ausnahme von Drohnen - signifikant entgegenwirken zu können. Es war also nicht eine Frage ob, sondern nur wann und unter wie hohen Verlusten Russland das westliche Dnjepr-Ufer aufgeben muss. Ein Halten dieser Front unter hohem Menschen- und Materialeinsatz stellte zudem auch die Erfolge an anderen Fronten in Frage. Vor diesem Hintergrund ist der militärische Rückzug die einzig sinnvolle Entscheidung gewesen. Möglicherweise konnte sich Surowikin hier durchsetzen.

Ein nicht-bindener, nicht schriftlich-fixierter "Deal" macht bezüglich der Übergabe dieses Gebietes aus den oben genannten Gründen wenig Sinn. Ich habe auch nichts dergleichen von irgendwem gehört oder gelesen.
Ich habe aber Hoffnung, dass es in der folgenden Phase des Krieges (hoffentlich zeitnah) zu einem Deal kommt. Putin hat in den letzten Wochen, zumindest in den Beiträgen die ich verfolgt habe - fast ausschließlich über den Schutz des Donbas und der Krim gesprochen. Möglicherweise ebnet dieses Narrativ ja einen Ausweg für alle Parteien. Für die USA/Ukraine könnte es akzeptabel sein, Russland die aktuell gehaltenen Gebiete der Oblasty Donezk und Luhansk zu geben sowie die Krim als russisch anzuerkennen. Ein NATO-Beitritt der Ukraine wird zudem ausgeschlossen und bestimmte Sanktionen aufgehoben. Im Gegenzug ziehen sich die Russen komplett aus den Oblasty Cherson und Saporischja zurück.
Zuletzt geändert von paramecium am 10 Nov 2022, 12:05, insgesamt 3-mal geändert.
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Norbert
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Re: Teilrückzug aus der Region Cherson

Beitrag von Norbert »

Irgendwann werden sie reden müssen. Denn die ukrainische Wirtschaft kann sich einen dauerhaften Krieg ja auch nicht leisten. Und für Russland ist die Krim natürlich die rote Linie. Aber für die Ukraine ist in meinen Augen maximal eine Rückkehr zum Minsker Abkommen akzeptabel, welches sich aber nicht realisieren lässt, so lange russische Truppen im Donbass stehen, und erst Recht nicht, so lange sie in Teilen der Oblaste Cherson und Saporischschja stehen. Sicher sind die Chancen für Gespräche gestiegen, aber immer noch sehr vage. Leider.
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Re: Teilrückzug aus der Region Cherson

Beitrag von Saboteur »

paramecium hat geschrieben: 10 Nov 2022, 10:54
Ein nicht-bindener, nicht schriftlich-fixierter "Deal" macht bezüglich der Übergabe dieses Gebietes aus den oben genannten Gründen wenig Sinn. Ich habe auch nichts dergleichen von irgendwem gehört oder gelesen.
Ich habe aber Hoffnung, dass es in der folgenden Phase des Krieges (hoffentlich zeitnah) zu einem Deal kommt. Putin hat in den letzten Wochen, zumindest in den Beiträgen die ich verfolgt habe - fast ausschließlich über den Schutz des Donbas und der Krim gesprochen. Möglicherweise ebnet dieses Narrativ ja einen Ausweg für alle Parteien. Für die USA/Ukraine könnte es akzeptabel sein, Russland die aktuell gehaltenen Gebiete der Oblasty Donezk und Luhansk zu geben sowie die Krim als russisch anzuerkennen. Ein NATO-Beitritt der Ukraine wird zudem ausgeschlossen und bestimmte Sanktionen aufgehoben. Im Gegenzug ziehen sich die Russen komplett aus den Oblasty Cherson und Saporischja zurück.
Das würde ja so in etwa dem Stand der Verhandlungen Ende März entsprechen. Damals hat Russlands ja eher aus einer starken Position verhandelt. Ich bin mir nicht sicher ob die Ukraine oder Russland nun ernsthaft verhandlungsbereit sind. Zumal wir ja bei Cherson und anderen Gebieten ja über Territorien Russlands sprechen (🤡).
помню айнц цвай полицай. все там с ума сходили. Под самогон...
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Axel Henrich
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Re: Teilrückzug aus der Region Cherson

Beitrag von Axel Henrich »

paramecium hat geschrieben: 10 Nov 2022, 10:54 Möglicherweise konnte sich Surowikin hier durchsetzen.
Surowikin hatte schon bei "Amtsantritt" Andeutungen betreffs Cherson gemacht, denn der Denpr als Grenze, ist für beide Seiten eine ziemliche Hürde. Da rüber zu gehen und nicht weiter zu kommen, war schon sehr optimistisch..., aber leider bezeichnend für einige russ. Aktionen und Einschätzungen der aktuellen Lage ... Auch die Posse gestern zwischen Sirowikin und Schoigu, wirklich übel, ich weiß ich nicht, welche Knalltüten die da medial beraten, um so ne Show öffentlich abzuziehen ... [frust]
Ich habe aber Hoffnung, dass es in der folgenden Phase des Krieges (hoffentlich zeitnah) zu einem Deal kommt.
Das hoffe ich auch! Genau die von dir genannten Punkte wurden ja im März (?) fast schon Mal zwischen Ru und UA fixiert, wenn die Amis und Engländer nicht dazwischen gefunkt hätten ... wahrscheinlich war die Einschätzung der Amis über die Möglichkeiten der russ. Armee gar nicht mal so abwegig, wie man ja jetzt auch sieht. Ergo hätte man das Ergebniss auch schon über 150.000 Tote früher haben können...
Alles wirklich schlimm ... :shock: :cry:

-ah-
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