Teilrückzug aus der Region Cherson

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Axel Henrich
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Re: Teilrückzug aus der Region Cherson

Beitrag von Axel Henrich »

Saboteur hat geschrieben: 10 Nov 2022, 12:26Zumal wir ja bei Cherson und anderen Gebieten ja über Territorien Russlands sprechen (🤡).
Das hat es ja gerade noch alberner gemacht, obwohl Krieg nicht wirklich albern ist... ein erobertes Gebiet ins eigene Staatsgebilde integrieren zu wollen, welches offensichtlich nicht zu halten ist, zumindest nicht an der Stelle und mit dem eingesetzten "Material" und das gilt ja für im Prinzip für die gesamte Front. Beispielgebend hier wiedermal auch Bachmut ...

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paramecium
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Re: Teilrückzug aus der Region Cherson

Beitrag von paramecium »

Axel Henrich hat geschrieben: 10 Nov 2022, 13:32
paramecium hat geschrieben: 10 Nov 2022, 10:54
Ich habe aber Hoffnung, dass es in der folgenden Phase des Krieges (hoffentlich zeitnah) zu einem Deal kommt.
Das hoffe ich auch! Genau die von dir genannten Punkte wurden ja im März (?) fast schon Mal zwischen Ru und UA fixiert, wenn die Amis und Engländer nicht dazwischen gefunkt hätten ... wahrscheinlich war die Einschätzung der Amis über die Möglichkeiten der russ. Armee gar nicht mal so abwegig, wie man ja jetzt auch sieht. Ergo hätte man das Ergebniss auch schon über 150.000 Tote früher haben können...
Alles wirklich schlimm ... :shock: :cry:

-ah-
Ja, das Konzept war wahrscheinlich prinzipiell schon mal in ähnlicher Form auf dem Tisch, Aber offenbar liegt es in der Natur der Sache, dass beide Seiten sich eine blutige Nase holen bzw. mit dem Rücken an der Wand stehen müssen um zu wirklich zu begreifen (und damit meine ich sowohl die Politiker als auch die öffentliche Meinung), dass ein Frieden mit Abstrichen bei eigenen Zielen die beste Lösung ist.
Das man die Krim und die Volksrepubliken aufgibt war im März für die Ukraine undenkbar, inzwischen hört man häufiger andere Stimmen. Ebenso glaube ich nicht, dass Putin aus der Position der Stärke heraus im März dazu bereit gewesen wäre gewisse Abstriche zu machen (komplette Aufgabe von Cherson/der Landbrücke).

Es wird auch interessant zu sehen sein, wie ein möglicher Friedensschluss der eigenen Bevölkerung verkauft werden kann. Daran, dass Selenski nach dem Krieg und Zugeständnissen an Russland weiter Präsident bleiben wird glaube ich nicht. Und m1009 hatte ja kurz nach Beginn des Krieges im Februar prophezeit, dass dieses Neujahr jemand anderes die Ansprache um 0 Uhr vor dem Kreml halten wird. So wie es aktuell aussieht (Norbert hat es beschrieben) würde ich da immer noch nicht dagegen wetten.
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Norbert
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Re: Teilrückzug aus der Region Cherson

Beitrag von Norbert »

Axel Henrich hat geschrieben: 10 Nov 2022, 13:32Auch die Posse gestern zwischen Sirowikin und Schoigu, wirklich übel, ich weiß ich nicht, welche Knalltüten die da medial beraten, um so ne Show öffentlich abzuziehen ... [frust]
Welche Posse meinst Du genau? (Einfach interessehalber.)
Axel Henrich hat geschrieben: 10 Nov 2022, 13:43Beispielgebend hier wiedermal auch Bachmut ...
Auch da, was genau meinst Du? Die Opfer unter den Mobilisierten dieser Tage?
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Fritz
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Re: Teilrückzug aus der Region Cherson

Beitrag von Fritz »

Das alte Lied: Rußland kann keine PR, und das Timing ist auch wiedermal verheerend. Vor acht Jahren läßt man den Donbass in höchster Not in der Luft hängen und erkennt nicht mal offiziell seine Unabhängigkeit an. Und nun wurde übers Ziel hinausgeschossen und im Hauruck-Verfahren auf dem Mond liegende Gebiete in die RF eingegliedert.

Der Rückzug mag militärisch die richtige Entscheidung sein, und entgegen mancher Unkenrufe ist wohl die Landbrücke zur Krim nicht in Gefahr. Dennoch ist es ein schlechtes Signal an potentielle Verbündete. Wenn diese sehen (ob nun berechtigt oder nicht!), daß die Amis doch den Längeren haben, dann dreht etwa Saudi-Arabien nach deren Wünschen schnell wieder den Ölhahn zum Schaden Rußlands auf. Dann kann Rußland lange auf ein Signal Chinas in Taiwan warten, dann spielt Erdogans Türkei wieder ihre Spielchen, die schlauen Inder sowieso...

Das nicht minder schlechte Signal geht ans eigene Volk. Meiner Meinung nach hat man den Begriff des (russischen) Staatsgebietes ohne wirkliche Notwendigkeit deutlich entwertet. Es ist also OK, wenn fremde Truppen darin herumspazieren?! Gilt das dann demnächst auch für Sewastopol, Maikop oder Moskau? Rechtlich wäre es kein Unterschied mehr. Die Frage wird sich manch einer stellen, darunter auch bisher potentielle "Freiwillige".

Es hätte m.E. vollauf genügt, (vorerst) Lugansk und Donezk einzugliedern. Diese werden zumindest zum allergrößten Teil kontrolliert, haben bereits acht Jahre Tradition als "Volksrepubliken" (unter großen Opfern erkämpft) und sind offensichtlich nicht mehr Ukraine. Wenn überhaupt, hätte man Cherson und Saporoschje als unabhängige Staaten anerkennen und sich damit nicht die verpflichtende Verteidigung (vorerst) haltloser Gebiete aufbürden sollen. Diese plötzliche Eile paßt auch so gar nicht zum Vorgehen auf dem Schlachtfeld. Die geschaffenen juristischen Fakten stehen nun auch einem möglichen (OK, nicht sehr wahrscheinlichen) hier angesprochenen Friedensschluß unter Anerkennung von Krim und Donbass als Teil der RF im Wege.
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Axel Henrich
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Re: Teilrückzug aus der Region Cherson

Beitrag von Axel Henrich »

Fritz hat geschrieben: 10 Nov 2022, 15:29Es hätte m.E. vollauf genügt, (vorerst) Lugansk und Donezk einzugliedern. Diese werden zumindest zum allergrößten Teil kontrolliert, haben bereits acht Jahre Tradition als "Volksrepubliken" (unter großen Opfern erkämpft) und sind offensichtlich nicht mehr Ukraine.
... und man hat die Bevölkerung mit im Boot, was ja mit jedem km weiter westlich abnimmt. Und auch in den anderen Regionen wird wohl die Zustimmung abnehmen, wenn sie erst in/um z.B. Izium oder jetzt (Obl.) Cherson von Russen übernommen, dann wieder nicht und ВСУ zieht danach durch die Straßen und sucht Kollaborateure ... Die normalen Menschen wollen wohl einfach nur leben, egal unter welcher Regiede..

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Re: Teilrückzug aus der Region Cherson

Beitrag von arghmage »

Axel Henrich hat geschrieben: 10 Nov 2022, 16:57Die normalen Menschen wollen wohl einfach nur leben, egal unter welcher Regiede..
Ja, wenn das die Herrschenden mal kapieren würden, wäre die Welt friedlicher ...

Wenn man wirklich aus Cherson abzieht, würde man die einzige größerer Stadt aufgeben, die man erobert hat, das wäre schon ein fatales Signal (mal das Desaster in Mariupol außen vor).
Daß UA nun nicht unbedingt verhandeln will, ist da auch durchaus verständlich, die haben langsam Oberwasser und wollen das Maximum rausholen. Wenn Rus nicht aufpasst, stehen sie ganz fix schlechter da, als noch vor dem Einmarsch und das wäre der der Supergau für Putin (und darauf arbeiten die Amis ja letztendlich auch hin).
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Re: Teilrückzug aus der Region Cherson

Beitrag von Axel Henrich »

arghmage hat geschrieben: 10 Nov 2022, 17:21Wenn Rus nicht aufpasst, stehen sie ganz fix schlechter da, als noch vor dem Einmarsch
Im Prinzip braucht UA nur dieselbe Show abziehen wie in Cherson. Jeweils an den Hotspots eine Übermacht von roundabout 5:1 auffahren und ab der Fisch ...

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Re: Teilrückzug aus der Region Cherson

Beitrag von Axel Henrich »

Norbert hat geschrieben: 10 Nov 2022, 14:17
Axel Henrich hat geschrieben: 10 Nov 2022, 13:32Auch die Posse gestern zwischen Sirowikin und Schoigu
Welche Posse meinst Du genau?
Na die gestern im Fernseh öffentlich inszenierte "Leitungssitzung" ... Sirowikin am Rednerpult, neben ihm eine für den Zuschauer verpixelte Landkarte. Vor ihm Schoigu am Tisch, mit noch 2 hohen Vertretern der Gemeinde. Sirowikin erklärt, dass die Situation sehr schwierig ist, die Verluste der ВСУ aber 7 bis 9 Mal höher ist. Trotzdem schlage ich vor, dass wir uns zurück ziehen und zeigt Schoigu an der Karte von wo nach wo :lol: ... и.т.д и.т.п.
Schoigu "akzeptiert" den Vorschlag, weil das Leben und die Gesundheit der Soldaten oberste Priorität hat [gaehn] und befiehlt den Rückzug - Sirowikin: Есть! ...
Norbert hat geschrieben: 10 Nov 2022, 14:17
Axel Henrich hat geschrieben: 10 Nov 2022, 13:32Beispielgebend hier wiedermal auch Bachmut ...
Auch da, was genau meinst Du?
Na diese Stellungskämpfe seit Monaten, bei einem 5:1 Nachteil was die Manschaftsstärke betrifft ... Ich habe darüber AFAIR schon vor 6 Wochen geschrieben, jetzt sind Sie 5km weiter am Stadtrand ...

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Re: Teilrückzug aus der Region Cherson

Beitrag von Saboteur »

Fritz hat geschrieben: 10 Nov 2022, 15:29 Das alte Lied: Rußland kann keine PR, und das Timing ist auch wiedermal verheerend. Vor acht Jahren läßt man den Donbass in höchster Not in der Luft hängen und erkennt nicht mal offiziell seine Unabhängigkeit an. Und nun wurde übers Ziel hinausgeschossen und im Hauruck-Verfahren auf dem Mond liegende Gebiete in die RF eingegliedert.

Ja Russland hat sich mit dem Überfall der Ukrainer in vielerlei Hinsicht vor den Augen der Welt blamiert und selbst in eine schwierige Position manövriert.

Russland könnte das ukrainische Territorium inklusive Luhansk und den Donbass räumen, Reparationen zahlen und den Status der Krim erstmal einfrieren. Dann hätten wir Frieden ;)
помню айнц цвай полицай. все там с ума сходили. Под самогон...
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Re: Teilrückzug aus der Region Cherson

Beitrag von arghmage »

Axel Henrich hat geschrieben: 10 Nov 2022, 23:27
Norbert hat geschrieben: 10 Nov 2022, 14:17
Axel Henrich hat geschrieben: 10 Nov 2022, 13:32Auch die Posse gestern zwischen Sirowikin und Schoigu
Welche Posse meinst Du genau?
Na die gestern im Fernseh öffentlich inszenierte "Leitungssitzung" ... Sirowikin am Rednerpult, neben ihm eine für den Zuschauer verpixelte Landkarte. Vor ihm Schoigu am Tisch, mit noch 2 hohen Vertretern der Gemeinde. Sirowikin erklärt, dass die Situation sehr schwierig ist, die Verluste der ВСУ aber 7 bis 9 Mal höher ist. Trotzdem schlage ich vor, dass wir uns zurück ziehen und zeigt Schoigu an der Karte von wo nach wo :lol: ... и.т.д и.т.п.
Schoigu "akzeptiert" den Vorschlag, weil das Leben und die Gesundheit der Soldaten oberste Priorität hat [gaehn] und befiehlt den Rückzug - Sirowikin: Есть! ...
Das war wirklich eine peinliche Show.
Fand ja früher immer schon lustig, wenn jemand Putin "berichtet" ... sitzen beide am Tisch, der Delinquent rattert seinen Text runter und Putin glotzt desinteressiert in die Kamera. Aber die Aktion hat das wirklich nochmal getoppt. Das hat alles irgendwie noch das Nieveau von Politbüro-Zeiten.

Wobei der Rückzug natürlich richtig ist. Die Russen sitzen da in der Falle, was sie jetzt auch noch schmerzlich beim Rückzug bemerken dürften, das geht ja auch eher chaotisch ab (mehrere Zehntausend mit Fähren über den Fluß geht halt nicht so schnell und die UA hat sich eingeschossen).
Vor 3 Wochen kamen ja noch die Meldungen, man baue Cherson zur Festung aus, war wohl nix.

Wenn man wenigstens noch sagen könnte "Lasse reden, was zählt, is aufm Platz" ... aber mal ehrlich, die Erfolge der russ. Armee sind rar, die hängen taktisch noch in den 40ern des letzten Jahrhunderts (nur stehen diesmal die Amis auf der Gegenseite).
Saboteur hat geschrieben: 11 Nov 2022, 12:03 Russland könnte das ukrainische Territorium inklusive Luhansk und den Donbass räumen, Reparationen zahlen und den Status der Krim erstmal einfrieren. Dann hätten wir Frieden ;)
Noch könnten sie, wenn sie wollten. Sie könnten aber auch in die Situation kommen, daß sie die Gebiete räumen müssen (und langfristig wird es wohl so kommen).
Das mit der Annektion neuer Gebiete war auch etwas voreilig. Sollte wohl ein Signal von Stärke sein ... jetzt kann man die annektierten Gebiete nicht halten, das ist auch nicht gerade von Vorteil.
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