Friedensverhandlungen

Debatte zu den Konflikten in der Ukraine. Wir bitten insbesondere hier um eine zivilisierte Kommunikation. Aus schlechter Erfahrung beschränken wir jedoch auch bei diesem Thema die Zugriffe auf jene Benutzer, die explizit an der Diskussion teilnehmen möchten, wie bereits im "Politischen Forum".
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Axel Henrich
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Friedensverhandlungen

Beitrag von Axel Henrich »

Axel Henrich hat geschrieben: 27 Dez 2022, 15:05 Also von Kuleba und der war immerhin mal Minister für europäische und euroatlantische Integration kommen da, Gott sei Dank, neuerdings, wenn auch zögerlich und verklausuliert, andere Töne:
Habe dazu von Podolyaka, wird von Wanner gerne mal zitiert/thematisiert, was aktuelles zur ukr. Anfrage bzgl. Friedensverhandlungen:
"Warum spricht das offizielle Kiew von Verhandlungen mit Russland?
Ich betone, es geht nicht um Frieden, sondern um Verhandlungen.

Dmytro Kuleba, Leiter des so genannten ukrainischen Außenministeriums, sagte am Vortag:

"Die Ukraine möchte Ende Februar einen Friedensgipfel abhalten, vorzugsweise im Rahmen der Vereinten Nationen mit Generalsekretär Guterres als möglichem Vermittler, rund um den Jahrestag des Kriegsbeginns. Jeder Krieg endet diplomatisch. Jeder Krieg endet durch Maßnahmen auf dem Schlachtfeld und am Verhandlungstisch".
Ich denke, die Antwort ist einfach. Das offizielle Kiew hat das Vertrauen in die Fähigkeiten der AFU verloren und weiß, dass die derzeitige Taktik der russischen Streitkräfte die Lage des Selenski-Regimes bis zum Frühjahr noch prekärer machen wird, als sie es jetzt ist.
Dazu gehören Angriffe auf kritische Infrastrukturen, die Zerstörung seiner Armeeeinheiten durch ständigen Artilleriebeschuss usw.
Ja, Kiew hätte im Herbst nach Balakleya und Izyum in Verhandlungen eintreten sollen. Ich bin mir sicher, dass Selenski es bereits sehr bedauert, dass er es nicht getan hat.
Aber er ist nicht derjenige, der die Entscheidungen trifft, also gibt es keinen Grund, es zu bedauern. Und jetzt?
Jetzt ist die Lage kritisch, und wenn die AFU im Winter eine militärische Niederlage im Donbass erleidet (und darauf läuft es hinaus), wird dies im Frühjahr katastrophale Folgen haben, und eine Atempause wird für das Regime lebenswichtig sein. Daher wird das Thema in den ukrainischen Medien breitgetreten.
Moskau weiß aber auch, dass Washington und London (und damit auch Kiew) keinen Frieden brauchen, sondern eher eine Atempause, um sich neu zu formieren und später zuzuschlagen.
Daher auch die Antwort auf die Frage: "Wird Moskau einem Waffenstillstand zustimmen?".
Die Antwort lautet: "Ich glaube nicht".
"Werden sie sich zu Verhandlungen bereit erklären, wenn sie tatsächlich angeboten werden?"
Die Antwort lautet: "Wahrscheinlich ja, aber ohne die Einstellung der Feindseligkeiten".
Eine solche Option ist für Kiew jedoch nicht mehr zufriedenstellend. Daher würde ich diesem Vortrag noch nicht viel Aufmerksamkeit schenken.
Und es wird in Zukunft immer mehr davon zu hören sein. Denn je schlechter die Lage an der Front für die ukrainischen Streitkräfte ist, desto mehr von ihnen wird es geben.

P.S. Übrigens ist das Gerede über Verhandlungen mit Russland ein sehr guter Indikator für den Zustand der AFU.[/quote]

-ah-
Marco
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Re: Friedensverhandlungen

Beitrag von Marco »

Ehrlich gesagt, halte ich das Angebot für Friedensverhandlungen Entertainment für den Westen.
Denn weder das vorgeschlagene Format ist für Russland akzeptabel, noch ist Russland bereit bei den Gebieten Konzessionen zu machen,was wiederum für die Ukraine indiskutabel ist, denn es geht ja auch um Gebiete, die Russland nie erobert hatte. Die Forderungen sind da ja auch immer noch maximalisitsch, egal was da noch so gesagt wird. Mus sman nur Lawrov gerade hören: Entweder ihr akzeptiert unsere Forderungen oder unsere Armee regelt das.
Der folgende Artikel gibt ganz gut wieder wie ich denke
https://www.tagesschau.de/ausland/europ ... n-111.html

Und auch die AFU halte ich nicht in so einem desolaten Zusstand wie dargestellt. Wenn man folgenden russischem Telegram Channel glauben will, den angeblich jemand von einer Rusich EInheit betreibt, hat Russland auch Probleme mit Artilleriemunition
https://t.me/Topaz_Govorit/2955

Und auch das Gerede von der Nutzung des Waffenstillstands hört man umgekehrt genauso auch aus Kiew. Nämlich dass Russland die Pause nutzen wird, um seine mobilisieren Soldaten zu trainieren, denn teilweise gehen die ja anscheinend auch ohne/wenig Training an die Front. und die EInheiten neu zu formieren, die starke Verluste erlitten haben.

Und angeblich soll ja auch schon Kremina wackeln. Wir werden sehen, was die nächsten Tage bringen

Am Ende wird es unter anderem darauf hinauslaufen, wer in der Lage ist,mehr Artilleriemunition aufzutreiben und zu produzieren
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bella_b33
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Re: Friedensverhandlungen

Beitrag von bella_b33 »

Marco hat geschrieben: 28 Dez 2022, 22:01Nutzung des Waffenstillstands hört man umgekehrt genauso
Ich denke auch, daß keine der beiden Seiten bei einem Waffenstillstand untätig warten und sich nicht im Hintergrund weiter vorbereiten würde. Wäre ziemlich unklug IMHO
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willi
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Re: Friedensverhandlungen

Beitrag von willi »

Nach allem, was die sich gegenseitig angetan haben, kann ich mir nicht vorstellen dass Russen und Ukrainer nach dem Krieg wieder friedlich zusammenleben, sich liebhaben und "wir sind alle Ukrainer " rufen.
Eine Teilung gilt als Sieg Russlands, kommt also für den Westen nicht in Frage, - also dann, weitermachen. Es ist noch nicht die Zeit für Verhandlungen.
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arghmage
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Re: Friedensverhandlungen

Beitrag von arghmage »

Es schwadronieren ja beide Seiten immer mal wieder von Verhandlungen. Im Nachsatz kommen dann aber immer abstruse Forderungen, bei denen man genau weiß, daß die Gegenseite sie niemals akzeptieren wird. Von daher würde ich sagen, daß zur Zeit keine Seite wirklich an Verhandlungen interessiert ist. So wird der Blutzoll auf beiden Seiten weiter steigen, bis eine Seite die Reißleine zieht (würde allerdings aktuell nicht drauf wetten, welche Seite das sein wird).
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Axel Henrich
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Re: Friedensverhandlungen

Beitrag von Axel Henrich »

arghmage hat geschrieben: 04 Jan 2023, 20:58 Es schwadronieren ja beide Seiten immer mal wieder von Verhandlungen. Im Nachsatz kommen dann aber immer abstruse Forderungen, bei denen man genau weiß, daß die Gegenseite sie niemals akzeptieren wird.
Gerade jetzt erst wieder ...
Putin hat wohl, unter Vermittlung von Erdogan, zum Orthodoxen Fest eine 36 Stdündige Waffenruhe angeordnet. Von UA Seite, noch nicht von Selenski selber, kam ziemlich gleich die Absage, erst müsse Russland das Land verlassen.

-ah-
paramecium
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Re: Friedensverhandlungen

Beitrag von paramecium »

Axel Henrich hat geschrieben: 05 Jan 2023, 21:26
arghmage hat geschrieben: 04 Jan 2023, 20:58 Es schwadronieren ja beide Seiten immer mal wieder von Verhandlungen. Im Nachsatz kommen dann aber immer abstruse Forderungen, bei denen man genau weiß, daß die Gegenseite sie niemals akzeptieren wird.
Gerade jetzt erst wieder ...
Putin hat wohl, unter Vermittlung von Erdogan, zum Orthodoxen Fest eine 36 Stdündige Waffenruhe angeordnet. Von UA Seite, noch nicht von Selenski selber, kam ziemlich gleich die Absage, erst müsse Russland das Land verlassen.

-ah-
Und am gleichen Tag sprach Putin bei dem Treffen mit Erdogan davon, dass Gespräche für Friedensverhandlungen erst beginnen können, wenn die Ukraine die "neuen territorialen Realitäten" akzeptiert.

Der Mist wird also noch ewig dauern, da beide Seiten aktuell kein Interesse an einem Ende haben.....
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Axel Henrich
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Re: Friedensverhandlungen

Beitrag von Axel Henrich »

paramecium hat geschrieben: 06 Jan 2023, 10:49 Der Mist wird also noch ewig dauern, da beide Seiten aktuell kein Interesse an einem Ende haben.....
Ja leider, zumal beide ja schon feste am Planen der Frühjahresoffensive sind ... Ich hatte ja mal zum 1jährigen was erhofft, aber selbst da scheinen die Pläne anders zu sein.

-ah-
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Re: Friedensverhandlungen

Beitrag von arghmage »

Eher Winteroffensive, wenn der Boden im Frühling wieder taut, bleibt wieder alles im Schlamm stecken. Sollte also in ein paar Wochen so weit sein (von welcher Seite aus auch immer). Daß die Russen da aktuell wieder (zig) hunderte Soldaten im Raum Donezk konzentrieren, kann einem ja schon zu denken geben. Wie sie es allerdings machen .... mir kommt da schon öfters der Gedanke, daß den Befehlshabern ihre Soldaten scheißegal sind, kommen ja immer neue nach.

Übrigens fand ich auch ganz interessant, was die Amis kürzlich von sich gegeben haben .... die Russen wären an Bachmut hauptsächlich wegen der Gips/Salzvorkommen interessiert, ist ja wenigstens mal eine neue Perspektive :roll: Wobei ich mir nicht vortellen kann, daß es bei den Russen in der Hinsicht Mangel gibt, aber könnte ja auch sein, um nur den "Gegner" zu schwächen.
Als (wie ja oft gesagt) Logistikdrehkreuz für den Krieg taugt Bachmut jedenfall nicht so sehr, zumindest nicht als Frontstadt. Da dürfte mittlerweile alles an Infrastruktur pulverisiert sein.

Daß die UA die Waffenruhe über Weihnachten gleich wieder kritisiert ... geschenkt ... klar wollen die die Russen lieber aus dem Land haben. Und es ist auch wahrscheinlich, daß die Russen und Ukrainer während der Waffenruhe nicht untätig sein werden, man kann sich ja logistisch/taktisch neu/anders/besser aufstellen.
Wobei ich diesen Rolex-Patriarchen der russ. orth. Kirche ja durchaus niedlich finde, das ist ja auch einer vom Geheimdienst ....
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Re: Friedensverhandlungen

Beitrag von paramecium »

arghmage hat geschrieben: 06 Jan 2023, 15:03 Übrigens fand ich auch ganz interessant, was die Amis kürzlich von sich gegeben haben .... die Russen wären an Bachmut hauptsächlich wegen der Gips/Salzvorkommen interessiert, ist ja wenigstens mal eine neue Perspektive :roll: Wobei ich mir nicht vortellen kann, daß es bei den Russen in der Hinsicht Mangel gibt, aber könnte ja auch sein, um nur den "Gegner" zu schwächen.
Vielleicht nicht für "die Russen", aber da um Bachmut hauptsächlich Wagner aktiv ist, könnte es schon sein, dass man da mit Prigoschin einen Erfolgsbonus ausgehandelt hat.
Letztendlich ist aber die Eroberung Bachmuts vor allem auch von symbolischer Bedeutung. Die Russen belagern die Stadt schon seit vielen Monaten und kommen nicht signifikant voran. Eine Einnahme könnte man als großen Sieg verkaufen, eine Niederlage würde auf Grund der bereits erfolgten riesigen menschlichen Verluste in diesem buchstäblichen Fleischwolf sicher zu heftigem Unmut in den eigenen Reihen führen.
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