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Re: Sibirien - Altgläubige in ihrer Sommerküche

Verfasst: 30 Okt 2012, 13:21
von Axel Henrich
Altgläubige in Russland und der Sowjetunion
Forschungen zu Lebensweise und Überlebensstrategien der russischen Altgläubigen seit der Loslösung vom Moskauer Patriarchat in der Mitte des 17. Jahrhunderts erleben in den letzten Jahren eine neue Blüte. Was zuvor als Spezialfeld für wenige Eingeweihte galt, ist durch neue Fragen nach dem Anteil der Altgläubigen an der wirtschaftlichen Entwicklung Russlands und seinem Anschluss an die Moderne für eine breitere Leserschaft interessant geworden.[1] In diesen Zusammenhang betten sich auch zwei Monographien ein, die beide als Fallstudie angelegt sind und zwei Altgläubigen-Siedlungen – eine in der Region Perm auf der europäischen Seite des Ural, die andere unweit des Baikalsees an der Grenze zur Mongolei – untersuchen. Beide Autoren haben viel Zeit am Ort ihres jeweiligen Untersuchungsgegenstandes verbracht und können daher eine beeindruckende Materialfülle präsentieren. In Anspruch und Zuschnitt gehen beide Werke jedoch stark auseinander.
1. ... des Städtchens Sepytsch seit ihrer Ansiedlung im Ural-Gebiet ...
2. ... am Beispiel des Dorfes Bolschoi Kunalei ...

Etwas sperrig in der textlichen Einbindung, gleichwohl jedoch faszinierend lesen sich die Ausführungen über eine besondere Allianz der „Ältesten“ mit Vertretern des sowjetischen Staates: Seit den späten 1960er-Jahren kamen so genannte Archäographen auf der Suche nach alten Schriften und frühen Drucken, also materiellen Zeugen „russischer Tradition“, in die Dörfer und Siedlungen der Altgläubigen. Diese oft kritisch eingestellten sowjetischen Intellektuellen verhandelten dabei in zunehmendem Maße auch ihre eigene nationale Identität jenseits des parteistaatlichen Auftrages. Nach anfänglichem Misstrauen konnten die sowjetischen Forscher mit ihren profunden Text- und religiösen Sachkenntnissen, großem Einsatz und Respekt für die „Ältesten“ persönliche Bindungen aufbauen. Da sie gegenüber den lokalen Sowjetorganen zudem als Patrone für ihre Informanten und Objektgeber auftreten konnten, profitierten auch die „Ältesten“ von dieser Verbindung.
Wer sich also auf eine weit ausholende Untersuchung und Darstellung einer Altgläubigen-Gemeinschaft über einen Zeitraum von fast drei Jahrhunderten einlassen mag, wird bei Rogers faszinierende Beobachtungen und Schlüsse finden können. Wer hingegen wissen will, wie viele Pferde, Kühe und Ackerland der Bauer Kowaljow im Dorf Bolschoi Kunalei seinem jüngsten Sohn vererbte, mag dies bei Eva Maeder nachlesen.
-ah-

Re: Sibirien - Altgläubige in ihrer Sommerküche

Verfasst: 19 Nov 2013, 04:58
von Axel Henrich
Die Einsiedlerin Агафья Лыкова wurde wieder mal mit dem Noetigsten versorgt. Gries, Heu, Medikamenten, warme Stiefel, Kerzen, Batterien etc. wurden ihr mit dem Hubschrauber geliefert, auch Verwandte wurden eingeflogen, um Ihr bei den Wintervorbereitungen zu helfen. Sehr schoene Aufnahmen von Агафья Лыкова:

http://www.liveinternet.ru/tags/%C0%E3% ... page1.html
http://ria.ru/society/20131023/972083269.html

-ah-

Re: Sibirien - Altgläubige in ihrer Sommerküche

Verfasst: 19 Nov 2013, 06:34
von Norbert
Diese Familie war sicher in dieser Form einzigartig. Aber weiter im Norden, in Reiseberichten entlang des ehemaligen Ob-Jenissei-Kanals liest man auch noch von Dörfern, in denen vollkommen abgeschieden Altgläubige leben. Dort können Sie ihr Leben leben und werden von Niemandem behelligt.

Re: Sibirien - Altgläubige in ihrer Sommerküche

Verfasst: 20 Nov 2013, 02:41
von manuchka
Отшельница Агафья Лыкова получила от кузбасских властей сено, крупы и лекарства — груз вертолетом доставили на заимку по поручению губернатора Амана Тулеева, сообщает в среду региональная администрация.
Da werden sich einige im Kuzbass aber fragen: Warum kriegt die Lebensmittel etc. gratis und frei Haus mit dem Hubschrauber geliefert, und wir dürfen sehen, wie wir mit unseren Rentenkopeken um die Runden kommen?

Re: Sibirien - Altgläubige in ihrer Sommerküche

Verfasst: 21 Nov 2013, 07:18
von Norbert
Tuleev ist so ein Typ, ein kleiner Putin. Er präsentiert sich als der pragmatische Problemlöser. Wegen eines Erdbebens mit Stärke 4 hat er kürzlich Hochhäuser verboten. Da würden die Japaner nur lachen, aber er steht halt als der Held da, der die Katastrophe verhindert hat.

Re: Sibirien - Altgläubige in ihrer Sommerküche

Verfasst: 08 Jan 2014, 11:35
von Axel Henrich
Habe gerade ne Email aus Ru bekommen, dass Агафья Лыкова gestorben sei. In der Wiki wird der 28.12.2013 angegeben. Kann auf die Schnelle leider nix weiter dazu finden.

-ah-

Re: Sibirien - Altgläubige in ihrer Sommerküche

Verfasst: 17 Feb 2014, 12:50
von Norbert
Scheint nicht zu stimmen: Eine aktuelle Fotoreportage von heute: http://ura-inform.com/photo/2014/02/17/ ... ykova-foto. Und in der Wiki steht auch nichts zu ihrem Tod.

Re: Sibirien - Altgläubige in ihrer Sommerküche

Verfasst: 08 Dez 2021, 01:01
von Axel Henrich
Und immer noch erfreut Sie sich "bester Gesundheit" ... ;)
Kam jetzt auf dem 1. in den Nachrichten ein kleiner 5 Minuten Beitrag. 'Leider" schon im neuen Haus, sponsored by Deripaska.

https://youtu.be/CTCEIL9sOts

-ah-

Re: Sibirien - Altgläubige in ihrer Sommerküche

Verfasst: 11 Dez 2021, 19:58
von werner
In Russland kümmert man sich gut um die alten Leute.
Auf welchem Wege erhält sie eigentlich ihre Rente ?
Danke für den Beitrag ;)

Re: Sibirien - Altgläubige in ihrer Sommerküche

Verfasst: 12 Dez 2021, 01:51
von Axel Henrich
werner hat geschrieben: 11 Dez 2021, 19:58In Russland kümmert man sich gut um die alten Leute. Auf welchem Wege erhält sie eigentlich ihre Rente?
Na inzwischen gibt es auch kritische Stimmen für den Aufwand der da betrieben wird. Unter dem Video bei mir auf Youtube schrieb ja auch schon Jemand, dass das eigentlich nicht gut ist, Sie hat nie gearbeitet und Steuern bezahlt, keine Kinder geboren und erzogen. Auch der Gouverneur von Cherkassien hat erzählt, dass ihn seine Mutter auch mal angesprochen hatte, dass Sie ihr ganzes Leben gearbeitet hat für den Staat, aber zu ihr kommen keine Hubschrauber geflogen ... ;) Sie bekommt viel private Unterstützung, es wird Geld gesammelt etc.
Ihr Vater Karp und dann auch Sie haben auf Grund ihres Glaubens lange Zeit keine Hilfe (Rente) angenommen. Sie hatten keinen Ausweis, kein Konto, nix. 1989 hat dann ein guter Bekannter, der immer mal eine zeitlang bei ihr gewohnt hat, für Sie einen Rentenantrag gestellt. Ein Arzt hat sie untersucht und auf Grund der gesundheitlichen Diagnose - Herz, Gelenke, Knochen, bekam Sie wegen Invalidität dann auch eine Rente. Da Sie die nicht angenommen hat, wurde das Geld wohl auf ein Hilfsfond eingezahlt und ein Kuratorium kaufte und lieferte die von ihr benötigten Lebensmittel, Material und Medikamente. Seit 2011 bekommt sie wohl keine Rente mehr gezahlt ...

-ah-